– und braucht weitere anwendungsorientierte Impulse aus der Forschung
Dr. Ulrich Lotz, Repräsentant DEUTSCHE BETONBAUTEILE
Leichtbau in Beton gilt als Zukunftstechnologie in der Bauindustrie aufgrund mehrerer entscheidender Vorteile und Entwicklungen. Hier sind die wichtigsten Gründe, warum Leichtbau mit vorgefertigten Betonbauteilen als besonders zukunftsweisend angesehen wird und für eine deutlich nachhaltigere Art des Bauens den mit Abstand größten Hebel bietet:
- Ressourceneffizienz
Leichtbaukonstruktionen verwenden weniger Material als herkömmliche Bauweisen, was zu einer Reduktion des Ressourcenverbrauchs führt. Da Beton einer der am häufigsten verwendeten Baustoffe ist, können selbst geringe Einsparungen einen großen Unterschied machen. Entwicklungen wie Carbonbeton bzw. Beton mit nicht-metallischer Bewehrung (u.a. auch durch nachwachsende Rohstoffe wie Flachsfasern) oder Gradientenbeton, der rund 50 % der CO2-Emissionen vermeiden kann, sind impulsgebend für die Dekarbonatisierung des Bauens. - Energieeinsparung und CO2-Reduktion
Die Herstellung von Zement, einem Hauptbestandteil von Beton, ist energieintensiv und CO2-emittierend. Durch die Reduktion der benötigten Betonmenge in Leichtbaukonstruktionen wird deutlich weniger Zement benötigt, was zu geringeren CO2-Emissionen und Energieverbrauch führt. Neue, deutlich CO2-reduzierte Zemente verringern den Fußabdruck deutlich, aber ihr Einsatz und ihr Handling für qualitativ hochwertige Betonergebnisse ist noch nicht hinreichend erforscht und praxiserprobt, hier ist schneller Handlungsbedarf geboten. - Transport- und Baukosten
Leichtbaukonstruktionen sind durch ihr geringeres Gewicht einfacher und kostengünstiger zu transportieren. Dies führt zu einer Reduktion der Transportkosten insbesondere vorgefertigter Betonbauteile und der mit dem Transport verbundenen Emissionen. Zudem sind sie schneller und vielfach kostengünstiger zu errichten, um z.B. den dringend gebotenen Anstrengungen für bezahlbares Bauen und Wohnen entsprechen zu können. - Verbesserte Tragfähigkeit und Flexibilität
Leichtbau ermöglicht die Entwicklung innovativer Konstruktionsmethoden, die höhere Tragfähigkeiten bei geringerem Eigengewicht bieten. Dies erhöht die Flexibilität im Design und ermöglicht neue architektonische Formen und Strukturen. Fachwerkbinder oder Leichtkonstruktionen mit Integration von 3D-Druckverfahren sind erste Beispiele. - Nachhaltigkeit
Leichtbau fördert nachhaltige Baupraktiken, indem er den Materialverbrauch und die Umweltbelastung reduziert. Dies steht im Einklang mit den globalen Bemühungen um nachhaltige Entwicklung und den Zielen zur Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks der Bauindustrie. Die starke Veränderung von Konstruktionen insbesondere mit vorgefertigten Betonbauteilen schafft deutlich schlankere Konstruktionen. Aufgrund der sehr limitierten Ressourcenverfügbarkeit alternativer (Leicht-) Baustoffe wie Holz kann nur eine Veränderung des Massenbaustoffs Beton einen echten Schub erbringen. So liegt der Holzanteil aktuell am Gesamtbauvolumen bei rund 4 %, während bereits heute Deutschland einen Holzimport-Überschuss aufweist, da die heimischen Wälder nicht für eine deutliche Ausweitung des (ebenfalls) nachhaltigen Baustoffs Holz zur Verfügung stehen. - Wärmedämmung und Energieeffizienz
Leichtbaukonstruktionen haben oft bessere Dämmeigenschaften, was die Energieeffizienz von Gebäuden erhöht. Dies führt zu einer Reduktion des Energieverbrauchs für Heizung und Kühlung, was sowohl ökologisch als auch ökonomisch vorteilhaft ist. Vorgefertigte Betonbauteile bieten andererseits durch ihre thermische Masse die einzigartige Option, Heiz- und Kühlsysteme direkt in die Bauteile zu integrieren und so den Einsatz von Klimaanlagen zu vermeiden. Der Aspekt der Kühlung wird bei fortschreitender Erderwärmung der Schlüsselfaktor für ein angenehmes Wohnklima ohne Übererwärmung sein, wobei diese materialinhärente Spezifikation des Betons von Leichtbaustoffen wie Holz aufgrund ihrer fehlenden thermischen Masse nicht geleistet werden kann. - Innovative Materialien und Technologien
Die Forschung und Entwicklung im Bereich des Leichtbaus führt zu neuen Materialien und Technologien, wie z.B. Hochleistungsbeton, Textilbeton oder faserverstärktem Beton. Diese Materialien bieten bessere mechanische Eigenschaften und eröffnen neue Anwendungsmöglichkeiten. Um sie final marktfähig zu machen, bedarf es weiterer Impulse aus der Forschung, die die Effizienz von Leichtbaukonstruktionen über den gesamten Lebenszyklus dokumentieren können. - Recycling und Wiederverwendung
Leichtbau fördert auch das Recycling und die Wiederverwendung von Baumaterialien. Da weniger Material verwendet wird, sind die Strukturen am Ende ihrer Lebensdauer leichter zu demontieren und die Materialien wiederzuverwenden oder zu recyceln. Gerade vorgefertigte Betonbauteile bieten aufgrund ihrer hohen Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit (100 Jahre und mehr können gut erreicht werden) sehr gute Kreislauffähigkeit und können bei auf Flexibilität in der Konstruktion im Hinblick auf mögliche Nachnutzungen nicht nur als Recyclingzuschlag, sondern als ganze Bauteile in neuen Gebäuden wiederverwendet werden. Die ersten Forschungen hierzu bedürfen dringend weiterer Unterstützung.
Fazit
Leichtbau in Beton und insbesondere mit vorgefertigten, schlanken Betonbauteilen stellt eine zukunftsweisende Entwicklung dar, die auf Ressourceneffizienz, Nachhaltigkeit, Kostenreduktion und innovative Bauweisen abzielt. Diese Vorteile machen den Leichtbau in Beton zu einer attraktiven Option für die Bauindustrie, die zunehmend auf umweltfreundliche und effiziente Lösungen setzt. Dazu sind aber dringend weitere Forschungsanwendungen im Hinblick auf die Marktentwicklung vonnöten.
Dies bestätigt auch der Expertenrat für Klimafragen, der im Juni 2024 ein durch die Bundesregierung beauftragtes Sondergutachten zur Prüfung der Projektionsdaten 2024 vorgelegt hat, welche die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland beschreiben. Dieses Sondergutachten akzentuiert ausdrücklich die Notwendigkeit, weiterer Anstrengungen der Industrie, flankiert durch eine anwendungsorientierte Forschung, die auch und gerade im Gebäudebereich intensiviert werden sollte.
Gezeichnet: Dr. Ulrich Lotz